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Elfenbeinküste - Afrika

Durch den westafrikanischen Regenwald
der Elfenbeinküste

Piroge in einer Mangrovenlagune bei Sassandra
Piroge in einer Mangrovenlagune bei Sassandra

Durch den Norden der Cote D´Ivoire

Die Einreise in die westafrikanische Republik Elfenbeinküste am 19.12.1980 brachte eine erheiternde Szene. Die Straße von der Grenzstation des Obervolta bis Ferkessedougou war zwar immer noch Piste, jedoch zur Rennstrecke ausgebaut. Nach ein paar Kilometern kam ein Schlagbaum, der Zoll wollte zunächst nur die Wagenpapiere registrieren.
Nach weiteren etwa 20 Kilometern kam dann die eigentliche Polizei- und Zollstation Ouangolodougou.
Der Chef dieses Grenzpostens, dessen Name ich hier pietätvoll verschweigen möchte, ein wohlbeleibter und etwas gutmütig-dümmlich aussehender, aber sehr freundlicher Mann mittleren Alters, ließ es sich nicht nehmen, die Einreisestempel persönlich in unsere Pässe zu drücken. Man sah es ihm an, daß er von seinen Beamten wegen der seltenen Europäer aus einem Schläfchen geweckt worden war.
Die Stempel stellten ein Formular dar, das der Grenzbeamte ausfüllen mußte. Das Lustige daran war, ihn dabei zu beobachten.
Mit großer Sorgfalt zielte er auf dem ersten Paß um den Stempel gerade zu setzen und stieß zu.
Aber - der Schreck weitete seine Augen und ein lautes "Oooh! Uiii!" entfuhr ihm - der Stempel stand ja auf dem Kopf!
"Naja, halb so schlimm!" war seiner Mimik zu entnehmen.
Er griff zum Lineal und strich den Stempel sorgfältig mit einem großen Kreuz, das über die ganze Seite des Passes verlief, durch. Der nächste Versuch klappte bedeutend besser.
Jetzt legte er mit Hilfe seiner Linken drei Finger vorschriftsmäßig um den Kugelschreiber, streckte den rechten Schreibarm und beugte sich über das Dokument. Dabei schob er seine Zunge vor, presste sie in den linken Mundwinkel und begann mit sichtlicher Anstrengung, Buchstaben für Buchstaben in das Formular zu malen, wobei er von Zeit zu Zeit den Kopf hob, um den Gesamteindruck seines Kunstwerkes zu überprüfen.
Prima!
Mir kam der Verdacht, der Mann sei ein Analphabet, der lediglich gelernt hatte, ein paar Namen zu malen. In Westafrika mit seiner korrupten Vetternwirtschaft keine völlig undenkbare Möglichkeit. Die erste Paßbestempelung dauerte fast fünf Minuten, und wir waren sieben Personen! Wir begannen zu grinsen, das zu einem freundlichen Lächeln wurde, sobald er aufsah.
Gönnerhaft lächelte er zurück.
Auch bei seinen Untergebenen trat eine leichte, allerdings eher spöttische, Veränderung der Mundwinkel ein.
Geduld zu üben, hatten wir in Afrika ja mittlerweile gelernt.

Wäscherinnen an einem Fluss in der nördlichen Elfenbeinküste
Wäscherinnen an einem Fluss in der nördlichen Elfenbeinküste

In Ferkessedougou angekommen trafen wir auf dem Markt einen deutsch sprechenden Ivoraner.
Hinter der Stadt wiederum eine Polizeikontrolle, diesmal gab es Ärger, weil unsere Fahrzeuge nicht versichert waren, aber nach längerem Palaver ließen uns die Polizisten auch ohne das geforderte Cadeau weiterfahren. Das Geheimnis in Afrika bei solchen Situationen ist freundliche Höflichkeit, gepaart mit gespielter Verzweifelung und allen möglichen und unmöglichen Ausflüchten weshalb man nicht bezahlen kann.
Oft klappt das, wie wir inzwischen gelernt hatten. So nicht, kann man es immer noch mit einer strikten Weigerung versuchen, sofern man es nicht zu weit treibt, um am Ende gar noch verhaftet zu werden.
Bald war es Abend und wir lagerten im dichten Busch.

Im tropischen Regenwald

Brücke über einen Urwaldfluß in der Elfenbeinküste
Brücke an einem Urwaldfluß
Elfenbeinküste

Tags darauf folgten wir der Straße, die über Bouake nach Abidjan führte, bis wir an die Abzweigung nach Daloa kamen. Von der neuen Stadt Yamoussoukro, bei welcher der Weg abzweigte, stand außer den Straßen mit Laternen noch nicht sehr viel, wie uns ein kurzer Abstecher zeigte.
Die Vegetation wurde immer üppiger und von der Abzweigung an fuhren wir bald durch dichten Urwald. Riesige aufragende Baumgiganten und undurchdringliches Dickicht. Die Luft war erfüllt von seltsamen Düften und fremdartige Geräusche drangen durch die offenen Fenster. Noch vor zwei Tagen waren wir durch staubtrockene Gebiete gefahren und wir fühlten uns jetzt wie im Paradies.
Die Teerstraße führte immer wieder durch kilometerbreite Schneisen, die abgeholzt waren und auf denen Land- und Plantagenwirtschaft betrieben wurde.
Von Bouaffe bog die Straße nach Sassandra ab, der Weg wurde wieder zur ungeteerten Piste und der Urwald verschluckte uns. Ähnliches hatte ich bisher nur auf Sumatra erlebt. Es war ein bezauberndes Gefühl, die Luft war feucht vom Atem der Pflanzen, ab und an ein Dorf im Wald in dessen Nähe in den Bachtälern Reis angebaut wurde. Überall wucherte und strotzte alles vor Leben.
In einem Dorf füllten wir am Grundwasserbrunnen unsere Trinkwasser-Kanister auf. Die halbe weibliche Dorfgemeinschaft war versammelt um Wasser zu holen, und eine hochgewachsene schöne Afrikanerin sorgte herrisch dafür, daß wir außer der Reihe unser Wasser zuerst pumpen durften. Die Frauen trugen die mindestens 20 Liter fassenden Behälter auf dem Kopf davon. Es gehört eine ziemliche Kraft dazu, die Behälter auf den Kopf zu hieven, sie halfen sich gegenseitig dabei und auch wir halfen galant mit, was zur allgemeinen Erheiterung beitrug.
Wir passierten Gagnoa und wollten unser Lager bei einem Dorf auf einer kleinen gerodeten Lichtung aufschlagen. Der Platz war nicht sehr gut gewählt, überall ragten noch Wurzeln aus dem Boden und die Dorfjugend, die bald kam, lud uns auf ihren Bolzplatz zum Übernachten. Um dorthin zu gelangen mußten wir über die Höfe der Hütten des winzigen Dorfes fahren und noch ein paar Meter durchs Buschwerk brechen. Wir fragten die Besitzer der Hütten durch Gesten ob wir das dürften und sie winkten uns weiter. Der Platz war ausgezeichnet, wenn auch das Gras mehr als kniehoch stand. Wir wurden von den Teenagern zum Kicken herausgefordert, nachdem das überraschend kurze Palaver mit den Erwachsenen vorbei war. Während der Verhandlung hatten sich die Jungen nach afrikanischer Sitte respektvoll abwartend verhalten. Die nach kurzer Dämmerung hereinbrechende Nacht unterbrach jedoch bald unser Spiel.
Die Luft war sehr feucht und Tau schlug sich am Moskitonetz nieder. Langsam wurde ich von den Geräuschen des Waldes in den Schlaf gewiegt.

Am Golf von Guinea

Wie verabschiedeten uns morgens in aller Frühe von der Jugend, deren Schulferien gerade begonnen hatten und setzten unseren Weg Richtung Sassandra fort. Wie gestern wechselten sich Urwald, teils noch Wald mit Baumriesen, teils entlang der Straße von großen Edelhölzern befreiter Wald, mit landwirtschaftlich genutzten, kahlgeschlagenen oder -gebrannten Rodungen ab, doch überwog der Wald bei weitem. Etwa 15 Kilometer vor Sassandra überquerten wir auf einer schmalen Stahlbrücke den Sassandra, wir hatten schon seit einiger Zeit wieder eine schmale Teerstraße erreicht. So fuhren unsere Autos am Nachmittag in dem Küstenstädtchen ein, das an der Mündung des gleichnamigen Flusses liegt.
Wir betraten erst mal eine Kneipe, tranken Bier und speisten. Der nicht sehr große Ort war nicht so romantisch wie sein Name und so beschlossen wir, der schmalen Küstenpiste in westlicher Richtung zu folgen, um einen schönen romantischen Platz nicht allzu weit des Städtchens zu finden, an dem wir die kommenden Feiertage in Ruhe zu verbringen gedachten. Der Weg führte etwa 30-40 Meter über dem Meeresspiegel an den nicht sehr hohen, aber relativ steilen und bewaldeten Hügeln der Küste entlang. Wir folgten dem ersten Weg, der hinunter an die Küste führte. Dieser führte jedoch an das Wasserwerk der Stadt und das Gelände war abgesperrt. Der zweite Weg führte zwar ans Ufer, doch gefiel er uns nicht, beim dritten jedoch, in einigen Kilometern Entfernung zum Ort, hatten wir Glück. Palmenhain, Sandstrand und eine kleine, durch einen schmalen Sandstreifen vom Meer getrennte Mangroven bewachsene Lagune, die sich etliche hundert Meter weit in die Sohle eines Quertales erstreckte. Auf deren anderer Seite befand sich ein Fischerdörfchen. Da wir einige Tage bleiben wollten, mußten wir erst mal abklären ob wir überhaupt bleiben durften und so machten wir uns auf den Weg ins Dorf. Dort hatte man unser Treiben beobachtet und erwartete uns bereits. Wir erkundigten uns nach dem Besitzer des Kokoshains.
"Ja, ihr könnt natürlich dort campieren, doch gebt Acht, daß ihr keine Kokosnüsse auf den Kopf bekommt! Hahaha...!"
Meinte dieser, nachdem er uns, zusammen mit der ganzen Einwohnerschaft und natürlich deren "Chef", nach afrikanischer Art nach dem woher, wohin, der Gesundheit und den Verhältnissen unserer ganzen Verwandtschaft und dem Wetter in Deutschland ausgefragt hatte.
In der Gegend gebe es keine Kriminellen, wir könnten unbesorgt sein. Das Palaver geschah natürlich nicht im Stehen und so war es fast schon am Dunkeln, als wir zu unseren Fahrzeugen zurück marschierten, wobei uns natürlich einige der Leute folgten.

Am Sassandra-Fluß in der Nähe der gleichnamigen Stadt
Am Sassandra-Fluß in der Nähe der Stadt Sassandra
In dieser Gegend übernachteten wir. Gut lassen sich die Waldzerstörungen erkennen.
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